Die Musik von Kraftwerk ist letztes Jahr wieder stärker in den Focus gerückt, der Anlass war kein schöner: Florian Schneider-Elsleben hat diese Welt verlassen, seine Vision bleibt. Kraftwerk hat nicht nur die Welt der Musik in der Vergangenheit geprägt, sondern tut dies noch immer. In welchem Maße -neue- Musik von Kraftwerk beeinflusst möchte ich hier an einigen Beispielen vorstellen. Vielleicht findet der*die Ein*e oder Andere ja was für sich dabei. Also Kling – Kraftwerk – Klang jetzt.
Wir sind die…
Wenn man über Kraftwerk schreibt, so kommt man als nicht um einen kurzen Abriss der Album-Historie herum. Die Veröffentlichungen im Zeitablauf sehen so aus (nur wichtige Hauptwerke, nur die Kerngruppe oder hauptsächlich musizierende/mitwirkende):
RCA-Victor Ära – Prä-Kraftwerk:
- 1970 – Organisation – Tone Float
Schneider, Hütter / Fred Monicks, Butch Hauf, Basil Hammoudi
Philips / Vertigo Ära:
- 1970 – Kraftwerk
Schneider, Hütter / Andreas Hohmann, Klaus Dinger - 1972 – Kraftwerk 2
Schneider, Hütter - 1973 – Ralf & Florian
Schneider, Hütter
Wechsel Philips > Kling Klang:
- 1974 – Autobahn
Schneider, Hütter / Wolfgang Flür, Klaus Röder
Karl Bartos wird Mitglied, stilistisch/musikalisch prägendste Ära der Diskografie:
- 1975 – Radio-Aktivität
Schneider, Hütter / Karl Bartos, Wolfgang Flür - 1977 – Trans Europa Express
Schneider, Hütter / Karl Bartos, Wolfgang Flür - 1978 – Die Mensch·Maschine
Schneider, Hütter / Karl Bartos, Wolfgang Flür - 1981 – Computerwelt
Schneider, Hütter / Karl Bartos, Wolfgang Flür, Emil Schult - 1986 – Electric Cafe (Jetzt „Techno-Pop“)
Schneider, Hütter / Karl Bartos, Wolfgang Flür
Die „Mix-Ära“ beginnt:
- 1991 – The Mix (Re-Mix-Compilation)
Schneider, Hütter / Fritz Hilpert - 1999 – Expo 2000
Schneider, Hütter / Fritz Hilpert - 2003 – Tour De France Soundtracks
Schneider, Hütter / Karl Bartos, Fritz Hilpert - 2004 – Der Katalog
Schneider, Hütter / Karl Bartos, Wolfgang Flür - 2005 – Minimum-Maximum (Live Mitschnitte)
Schneider, Hütter / Fritz Hilpert, Henning Schmitz - 2016 – 3-D (Der Katalog) (Live-Re-Mixings)
Hütter
Expo 2000 mündete nicht in einem Album, aber zählt bei Fans trotzdem zu den „wichtigen“ Releases. Die wirren um eine Finanzierung durch offizielle Mittel mal außen vor gelassen. Dazu gab es zahllose Live-Mitschnitte, kleinere Zusammenschnitte für den internationalen Markt und natürlich eine Flut an Bootlegs. Insgesamt ist das Programm der direkten Releases also runde 100 Titel groß. Wer noch mehr wissen will – oder sich für tiefere Einblicke in die immer wieder wechselnde Zusammensetzung interessiert – die Wikipedia Seite liefert einen guten Einstieg.
… nächste Generation.
Der Sound war so „neu“ zur damaligen Zeit, dass viele heute die Band als Quelle der Techno-Bewegung sehen, bzw. als „Erschaffer der elektronischen Musik insgesamt“. Mit Blick auf Popularität korrekt, aber natürlich zu stark vereinfacht. Es war das Zeitalter der beginnenden Computerisierung, welches Kraftwerk als „Band“ ein Profil verlieh und die benötigten Schaltungen / Filter / Oszillatoren endlich in breiter Anwendbarkeit verfügbar machte. Trotzdem waren die Klangerzeuger immer noch unhandlich, weniger digital als analog und technisch anfällig. Aber die Zeit spielte Kraftwerk in die Hände.
Wie eingangs erwähnt möchte ich hier aber nicht den allseits bekannten Katalog von Kraftwerk selbst aufarbeiten, sondern ein paar Tipps geben welche Projekte/Musiker einen sehr ähnlichen Sound noch heute bieten, und das nicht unbedingt in schlechterer Qualität. Man darf aber nicht den Fehler machen und alles an den Werken der Altmeister messen, denn das geht schief. Vielmehr muss man sich auf die „neuen Welten“ auch einlassen.
Hier also mal ein kleiner Querschnitt der Sachen die mir in der Sammlung / individuellen Filterblase so einfallen. Davon ist manches hochprofessionell und einiges „mit Herzblut gemacht“, und wieder anderes ist sehr tanzbar. Viel Spaß…wer noch weitere Vorschläge hat – in den Kommentaren ist reichlich Platz dafür.
Ex Kraftwerk Mitglied – Karl Bartos
Er verließ die Band nach „Electric Cafe“ und geht seitdem immer noch eigene musikalische Wege – und das dürfte einigen entgangen sein. Er macht den vielleicht immer noch „typischsten“ Sound mit Bezug auf das Kraftwerk-Kernwerk.
Zu seinen Alben gehören – unter dem Pseudonym Electric Music/Elektric Music (u. a. zusammen mit Lothar Manteuffel von Rheingold):
1991 – Elektric Music – Esperanto
1998 – Electric Music – Electric Music
Und dann wieder unter seinem eigenen Namen:
2003 – Karl Bartos – Communication
2013 – Karl Bartos – Off The Record
– Beim Aufruf von externen Links/Videos werden ggf. persönliche Daten übertragen –
Bartos hat den Sound auch in puncto Produktionstechnik deutlich weiterentwickelt, und manchmal sind die digitalen Veröffentlichungen an der Grenze dessen was ich noch gerne höre, weil sie mitunter anstrengend wirken. Aber das Meiste gibt es auch auf Vinyl, und dort sind die Sachen nicht ganz so stark komprimiert. Angenehmer zu hören.
Mängelexemplar
Ein Duo…es kommt – wie könnte es anders sein – aus Düsseldorf. Man hört buchstäblich wie die Stadt musikalisch aus jedem Tastendruck tropft.
Hier könnt Ihr bei Bandcamp in die Alben reinhören:
2018 – Auf Und Davon
2020 – Non Plus Ultra
Und hier noch ein Video-Schnippel, damit die Augen auch beschäftigt sind. 😀
– Beim Aufruf von externen Links/Videos werden ggf. persönliche Daten übertragen –
Deutsche Bank
Kommt aus Schweden zu uns und umarmt das Original so fest, dass man Angst hat es könnte zerbrechen. Als ich dieses Album gehört habe war ich verblüfft wie nah das an die im Kopf gespeicherten Muster herankommt, und trotzdem einen anderen Vibe und frischen Wind mitbringt.
Erschienen beim wunderschön benamten Label „Kernkrach“, und hier kann man in das ganze Album bei Bandcamp reinhören (Kernkrach beschäftigt sich insgesamt mit dergestalter Mucke – hört mal in verschiedenes rein…):
2017 – Deutsche Bank – Autopop
Und hier für den schnellen visuellen Kick:
– Beim Aufruf von externen Links/Videos werden ggf. persönliche Daten übertragen –
Kraftwerk 2.0 – Alexander Robotnick und Ludus Pinsky
aka „The Analog Session“
Zwei völlig vernarrte Analog-Synth-Freaks aus Italien – feiern in ihrem Technik-Konglomerat wilde Psy-Trance Partys, und scheren sich einen Dreck um aktuelle Strömungen oder angesagte Styles. Alles very „Old-School“, aber leider gibt es von diesen beiden in Kombination nichts wirklich physisch zu sammeln. Also YouTube-Session anwerfen:
– Beim Aufruf von externen Links/Videos werden ggf. persönliche Daten übertragen –
Ich hoffe da waren für einige ein paar Neuigkeiten dabei…habt weiterhin Tage voller elektronischer Musik und lasst Euch impfen. So können wir auch bald wieder ausgelassen zusammen feiern. Auf ein besseres 2021. Und bitte – ich will endlich mal ein offizielles Re-Release der ersten drei Alben sehen, so schwer kann das doch nicht sein.
Steff4nlgmusic